Weite Wege, wenig Pflege: Digitalisierung als Rettung der ländlichen Pflege

Ein Leben auf dem Land - und der lange Weg zur Pflege

Eine idyllische Landschaft, Ruhe und Gemeinschaft. Das Leben auf dem Land hat viele Vorteile. Doch wer auf Pflege angewiesen ist, stößt schnell an Grenzen. Während städtische Gebiete oft ein dichtes Netz aus Pflegediensten und medizinischer Versorgung bieten, sieht die Situation in ländlichen Regionen anders aus. So leben beispielsweise in einigen deutschen Regionen etwa 10.500 Kinder mehr als 20 Kilometer vom nächsten Kinderarzt entfernt. Lange Anfahrtswege, Fachkräftemangel und eine alternde Bevölkerung machen die Pflege auf dem Land zu einer wachsenden Herausforderung.

Versorgungsengpässe: Warum Pflege auf dem Land schwieriger ist

Ein zentrales Problem in der ländlichen Pflege ist der Mangel an medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. In dünn besiedelten Regionen sind Krankenhäuser und Arztpraxen rar. Die wenigen existierenden Einrichtungen müssen große Einzugsgebiete abdecken, was zu langen Wartezeiten und weiten Wegen für Patient:innen führt. Besonders betroffen sind spezialisierte Bereiche wie die Geriatrie und die Palliativversorgung, die in vielen ländlichen Regionen nicht ausreichend verfügbar sind.

Gleichzeitig wächst die Zahl der Pflegebedürftigen. Viele ältere Menschen leben in ländlichen Gebieten, was die Nachfrage nach Pflegeleistungen erhöht. Doch gerade hier fehlt es an Fachkräften. Der Beruf ist anspruchsvoll, sowohl körperlich als auch emotional, und die Vergütung spiegelt diesen hohen Einsatz oft nicht angemessen wider. Dies führt dazu, dass weniger Nachwuchskräfte für die Pflege gewonnen werden können. Hinzu kommt, dass junge Menschen oft in Städte ziehen, wo sie bessere berufliche Perspektiven finden – ein Trend, der den Fachkräftemangel weiter verschärft.

Da professionelle Pflegedienste in ländlichen Regionen oft fehlen oder schwer erreichbar sind, übernehmen Angehörige einen Großteil der Pflege. Diese informelle Pflege ist für viele Betroffene unverzichtbar, doch sie bringt große Belastungen mit sich. Pflegende Angehörige müssen oft Beruf, Familie und Pflege unter einen Hut bringen, was zu erheblichem Stress führen kann. Studien zeigen, dass informell Pflegende oft unzureichend unterstützt werden und viele nicht wissen, welche Hilfsangebote es gibt. Ein Ansatz zur Entlastung ist die Förderung von ehrenamtlichen Netzwerken. Nachbarschaftshilfen und ehrenamtliche Initiativen können eine wertvolle Ergänzung zur professionellen Pflege sein. In einigen Regionen gibt es bereits Modelle, in denen Ehrenamtliche Pflegebedürftige unterstützen, sei es durch Besorgungen, Fahrdienste oder soziale Betreuung.

Wie Pflege innovativer werden kann

Um die ländliche Pflege nachhaltig zu verbessern und dem mangelnden Pflegeangebot entgegenzuwirken, sind digitale Technologien eine Notwendigkeit. Ein zentraler Baustein ist die Telemedizin, die ärztliche Beratungen und Diagnosen aus der Ferne ermöglicht. So könnten sich Hausärzte und Hausärztinnen per Videokonferenz mit Spezialisten austauschen und Patient:innen hätten Zugang zu medizinischer Betreuung, ohne lange Wege zurücklegen zu müssen. Finnland zeigt, wie erfolgreich dieser Ansatz sein kann: Dort sind virtuelle Arztbesuche längst etabliert und digitale Patientenakten und Gesundheitsplattformen ermöglichen eine vernetzte, effiziente Betreuung, auch in abgelegenen Regionen. Das Beispiel macht deutlich, dass Telemedizin nicht nur die Versorgung verbessert, sondern auch Pflegekräfte entlastet und bestehende Strukturen effizienter nutzt. Auch Carenamics sieht in der Telemedizin großes Potenzial und möchte in Zukunft verstärkt auf Tele-Health-Technologien setzen. Ziel ist es, digitale Gesundheitslösungen zu integrieren, die Pflegekräfte unterstützen und eine bessere Versorgung in ländlichen Regionen ermöglichen. Jedoch ist eine digitale Infrastruktur mit einer zuverlässigen Internetverbindung unverzichtbar. Eine große Herausforderung hierbei bleibt, dass es in vielen ländlichen Regionen an einem flächendeckenden Breitbandausbau fehlt.

Die Zukunft der Pflege auf dem Land sichern

Die Herausforderungen der ländlichen Pflege sind komplex, aber nicht unlösbar. Es braucht einen strukturierten und nachhaltigen Ansatz, um die Versorgung in abgelegenen Regionen sicherzustellen. Digitale Lösungen wie Telemedizin, mobile Pflegedienste und digitale Pflegeplattformen sind essenziell, um den Zugang zur Pflege zu erleichtern. Doch all diese Innovationen können nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn auch die Infrastruktur mitzieht. Der flächendeckende Ausbau von Breitbandinternet ist daher eine Grundvoraussetzung. Neben technologischen Fortschritten sind politische Maßnahmen gefragt, um den Pflegeberuf auf dem Land attraktiver zu machen. Dazu gehören neben dem Ausbau der Digitalisierung in ländlichen Regionen eine bessere Vergütung, flexiblere Arbeitszeiten und Anreize für junge Fachkräfte, sich in der ländlichen Pflege zu engagieren. Auch die Unterstützung pflegender Angehöriger durch gezielte Hilfsangebote und Ehrenamtsförderung muss weiter ausgebaut werden.

Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist an der Zeit, innovative Konzepte und digitale Lösungen gezielt einzusetzen, um den Herausforderungen der ländlichen Pflege nachhaltig zu begegnen. Denn eine gute Pflege sollte unabhängig vom Wohnort für alle zugänglich sein.

Quellen: