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Zukunft Pflege: APN Ausbildung zur Verbesserung der Pflege und des Pflegeberufes.

Die Pflegebranche in Deutschland und Österreich steht vor vielfältigen Herausforderungen und Chancen. Eine der bedeutendsten Entwicklungen der letzten Jahre ist die Einführung und Etablierung der Advanced Practice Nurse (APN). Diese Rolle bietet nicht nur erweiterte Kompetenzen für Pflegekräfte, sondern auch eine neue Perspektive für die gesamte Branche. In diesem Artikel unserer Serie über Berufe in der Pflege und Betreuung beleuchten wir die aktuellen Entwicklungen in der DACH Region und die möglichen Vorteile einer Vereinheitlichung der APN-Studiengänge, inspiriert durch erfolgreiche Modelle wie das finnische Gesundheitssystem.

Advanced Practice Nurse (APN): Ein neues Berufsbild

Advanced Practice Nurses (APNs) sind hochqualifizierte Pflegekräfte mit einem Masterabschluss, die spezialisierte Pflegeleistungen erbringen. Ihre Aufgaben umfassen fortgeschrittene klinische Praxis, Führung und Beratung von Pflegeteams sowie Forschung und Edukation im Pflegebereich. 

Viele sind in Kliniken, Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen für Gesundheit und Pflege tätig, in spezialisierten Bereichen wie Intensiv-, Notfall-, Herz-Kreislauf-Pflege oder in der Pädiatrie oder Onkologie. Möglicherweise sehen APN auch deswegen genau dort ihren Einsatzbereich.

APNs können im Gesundheits- und Pflegemanagement neben ihren dedizierten Pflegeaufgaben auch weitere Aufgaben übernehmen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung könnten APN auch für die Erstaufnahme und nachfolgende Weiterleitung von Patient:innen die Verantwortung übernehmen. Sie wissen, welche Wege und Prozesse eingeleitet werden müssen, um Patient:innen richtig zu behandeln. Deshalb sind sie prinzipiell auch sehr gut geeignet, um eigenständig Diagnosen zu stellen, Patient:innen zu überweisen und auch Medikamente zu verschreiben.

In vielen Ländern, wie Australien und Kanada, sind APNs bereits fest etabliert und zeigen positive Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patient:innen. Der Pflegesektor in Deutschland und Österreich könnte von der Integration dieser Rolle erheblich profitieren.

In Deutschland soll eine Reform der Pflegekompetenz entscheidende Weichen stellen. Eckpunkte dazu gibt es bereits seit Dezember 2023. Aus der Sicht der ministerialen Verfasser waren dabei weniger die besseren Berufsaussichten von Pflegekräften und damit die Sicherstellung einer ausreichend flächendeckenden Pflege in Deutschland der Auslöser für Reformgedanken. Vielmehr stand das ungenutzte Potenzial von hochqualifizierten Pflegekräften im Mittelpunkt:

Die vielfältigen Kompetenzen von Pflegefachpersonen werden in Deutschland – das ist auch eine Lehre aus der Pandemie – in der Versorgung gegenwärtig noch nicht hinreichend genutzt. Damit bleiben zugleich Potenziale für eine Verbesserung der Versorgung, auch an Übergängen und im Bereich der Prävention, und Möglichkeiten zur Sicherstellung der Versorgung in der Fläche ungenutzt.

Ausbildungslandschaft in Deutschland und Österreich

Die Ausbildung zur APN ist in Deutschland und Österreich unterschiedlich ausgeprägt, jedoch gibt es in beiden Ländern Bestrebungen, diese Rolle stärker zu etablieren. Das Studium selbst ist im DACH-Raum nicht einheitlich geregelt, vielleicht auch deswegen, weil Absolvent:innen anschließend in ganz unterschiedlichen Bereichen arbeiten. Die  Zulassungsvoraussetzungen sind ähnlich, aber die Studienschwerpunkten unterscheiden sich teilweise deutlich.

Advanced Practice Nurse (APN)

  • Deutschland: Der Anteil der akademisch ausgebildeten Pflegekräfte ist noch gering, etwa 3%. Es gibt jedoch eine zunehmende Zahl von Studiengängen in Pflegewissenschaften und Advanced Nursing Practice (ANP), die auf eine stärkere Akademisierung abzielen. In Deutschland ist die Voraussetzung für die Zulassung zum Bachelor-Studium des Advanced Nursing Practice derzeit der erfolgreiche Abschluss einer Pflegefachkraft-Ausbildung in Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Abitur oder Fachhochschulreife sind allerdings nicht immer zwingend. Für den Master-Studiengang benötigen Studierende bereits einen akademischen Abschluss in einem relevanten Bereich und ebenfalls mehrjährige Erfahrung. Die Studiengänge sind oft als Weiterbildung angelegt und können auch berufsbegleitend oder per Fernstudium absolviert werden. 
  • Österreich: Österreich hat in den letzten Jahren verstärkt auf eine akademische Ausbildung der Pflegekräfte gesetzt. Neben Bachelorstudiengängen gibt es mehrere spezialisierte Masterstudiengänge, die Pflegekräfte auf die Rolle der APN vorbereiten. Auch in Österreich gibt es berufsbegleitende ANP Studien. Student:innen in Österreich müssen solide Basiskenntnisse in der Pflege haben, um zum ANP Master-Studium zugelassen zu werden. Konkret heißt das in den meisten Fällen: Ein abgeschlossenes Bachelorstudium im Bereich Pflegewissenschaft (oder auch verwandter Bereich) und Berufserfahrung, die in zwei oder mehr Jahren Praxis gewonnen wurde.

Welche Vorteile kann eine Vereinheitlichung der APN-Studiengänge bringen?

Eine Vereinheitlichung der APN-Studiengänge in Deutschland und Österreich, wie bereits 2013 durch DBfK, ÖGKV und SBK gefordert [1], könnte zahlreiche Vorteile bieten. Standardisierte Ausbildungsprogramme könnten zu einer hohen Qualität der Ausbildung in der DACH-Region beitragen und die Mobilität der Pflegekräfte innerhalb der Region erhöhen. Zudem könnte ein gemeinsamer Ausbildungsstandard den Austausch bewährter Praktiken und die Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg fördern.

Inspiration aus Finnland

Finnland bietet ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie ein gut integriertes APN-Modell die Gesundheitsversorgung verbessern kann. Dort wurden Pflegeberufe durch Reformen aufgewertet, und APNs haben erweiterte Kompetenzen, wie die Verschreibung von Medikamenten und die Durchführung von Diagnosen. Diese gesetzlichen Regelungen und die enge Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Ärzten haben die Qualität der Patientenversorgung deutlich erhöht.

Herausforderungen und Perspektiven

Die Arbeitsbelastung in der Pflege ist hoch und die Bezahlung oft noch nicht angemessen. Um die Attraktivität der Pflegebranche zu steigern, sind Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung entscheidend. Eine stärkere Akademisierung und die Einführung erweiterter Rollen, wie APNs, könnten dazu beitragen, die Pflegeberufe weiter zu professionalisieren, attraktiver zu gestalten und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. 

Die Etablierung der APN in Deutschland und Österreich ist allerdings nicht ohne Herausforderungen. Denn die Rolle, die APNs in Gesundheits- und Pflegebetrieben einnehmen, bestimmen momentan die Arbeitgeber:innen nach den für sie sinnvollen Kriterien. Viele Rollen sind möglich: Qualitäts-Manager:innen, Coaches, Spezialist:innen oder eben auch Erst-Analyse-Stelle für Patient:innen. Ein “Alles kann, nichts muss” ist aber nicht zwingend die beste Lösung, um den Pflegeberuf attraktiver für junge Arbeitskräfte zu machen. Hier wäre zumindest eine bestimmte Einordnung der APN in der Hierarchie von Gesundheits- und Pflegebetrieben wünschenswert.

Fazit

Die Einführung der Advanced Practice Nurse (APN) bietet eine vielversprechende Perspektive für die Pflegebranche in Deutschland und Österreich. Allerdings wäre eine einheitliche Definition der Aufgaben und der Position in der Hierarchie von Pflege-Teams wünschenswert.

Eine Vereinheitlichung der Studiengänge wäre ein erster Schritt. Insbesondere könnten akademische Einrichtungen gemeinsam mit diversen potenziellen Arbeitgeber:innen Rollen für APN definieren, die in den kommenden Jahren in ganz unterschiedlichen Gesundheits- und Pflegebetrieben besetzt werden müssen. Eine derart bestimmte Qualifikation von akademischen Pflegekräften würde die Qualität der Versorgung in der Fläche nach und nach verbessern.

Inspiration aus erfolgreichen Modellen, wie dem finnischen Gesundheitssystem, zeigt, dass durch gezielte Reformen und erweiterte Kompetenzen für Pflegekräfte bedeutende Fortschritte erzielt werden können. Dies gilt sowohl bezüglich der Pflegeleistung als auch der professionellen Zufriedenheit der akademisch gebildeten Pflegekräfte. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Deutschland und Österreich ähnliche Entwicklungen vorangetrieben werden, um den steigenden Anforderungen der Pflege gerecht zu werden und die Attraktivität dieser wichtigen Berufe zu erhöhen.

[1] https://www.uke.de/dateien/kliniken/intensivmedizin/pflege/apn/anp-dbfk-oegkv-sbk_2013.pdf 

Quellen

  • Pflegerische Qualifikationsniveaus und Umsetzung von Aufgaben für eine Advanced Nursing Practice in Österreich: Eine Querschnittstudie: Pflege: Vol 37, No 2 (hogrefe.com)
  • Was machen APN in Deutschland? (bibliomed-pflege.de)
  • https://karriere.charite.de/karrieremagazin/pflegekompetenzreform-advanced-practice-nurses b
  • https://www.elisabethgruppe.de/campus/ausbildung/pflegefachkraft-ausbildung/ausbildungskonzept/aufgaben.html
  • https://www.gesundheit.gv.at/gesundheitsleistungen/berufe/gesundheitsberufe-a-z/krankenpflege-und-sanitaetsberufe/krankenpfleger.html#:~:text=die%20Diagnostik%2C%20Planung%2C%20Organisation%2C,die%20Pflegeforschung%20sowie
  • https://www.facultas.at/pflegeausbildung/pflegealltag
  • https://www.sozialministerium.at/Themen/Pflege/Pflegereform/Ausbildung-in-der-Pflege.html
  • https://www.waff.at/jobs-ausbildung/jobs-mit-ausbildung/sozial-pflegeberufe/heimhilfe/
  • https://pflegewissenschaft.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/i_pflegewissenschaft/Forschungswerkstatt/ANP_in_Oesterreich.pdf
  • https://www.medi-karriere.at/magazin/advanced-nursing-practice-anp/
  • https://www.pflegestudium.de/studiengaenge/advanced-nursing-practice/#voraussetzungen
  • https://www.bibliomed-pflege.de/news/ausbildung-von-apn-im-europaeischen-vergleich-sehr-unterschiedlich